NR David Zuberbühler informiert zur Frühjahrssession
Die diesjährige Frühjahrssession stand ganz im Zeichen der Corona – Krise. Es wurden aber auch wegweisende Entscheide zur Landwirtschaft oder dem Asylgesetz gefasst.
Die erste Session des Jahres 2021 war geprägt von den historisch langen Debatten zur zweiten Revision des Covid-19-Gesetzes. Zentraler Pfeiler der Vorlage des Bundesrats war die Aufstockung des Härtefallprogramms von heute 2,5 auf neu 10 Milliarden Franken. Hierbei ging es um die Unterstützung von Erwerbstätigen und Unternehmen, die unter den von Bund und Kanton angeordneten Corona-Massnahmen besonders leiden. Dem Parlament blieb – infolge der vom Bundesrat angeordneten Massnahmen und weil dieser auf Grundlage des Epidemiengesetzes praktisch tun und lassen kann was er will – eigentlich gar nichts anderes übrig, als die zusätzliche Finanzhilfe abzusegnen.
Im Parlament gaben zunächst aber andere Sachen zu reden. National- und Ständerat kritisierten – teilweise ungewohnt scharf – die Corona-Politik des Bundesrats. Insbesondere die bürgerlichen Fraktionen forderten raschere Lockerungen der drastischen Corona-Massnahmen und bessere Perspektiven für geschlossene Betriebe. Die Wirtschaftskommission des Nationalrats wollte den 22. März als verbindliches Öffnungsdatum für Gastro- und Freizeitbetriebe im Gesetz verankern. SVP, FDP und die Mitte erhöhten im Vorfeld der parlamentarischen Debatte den Druck auf den Bundesrat. Dieselben Parteien – FDP und die Mitte –, die den Bundesrat wenige Tage zuvor noch mit einer unverbindlichen Erklärung aufgefordert hatten, die Massnahmen zu lockern, liessen die Gastronomie, Sport- und Kulturveranstalter im Stich, als es darauf ankam, konkrete Öffnungsschritte für den Bundesrat verpflichtend ins Gesetz zu schreiben. Auch von der stärkeren Kontrolle des Bundesrats durch das Parlament, welche die SVP forderte, wollten sie plötzlich nichts mehr wissen. Und so kam, was kommen musste: Wenige Stunden, nachdem das Parlament die Frühjahrssession beendet hatte, verschob der Bundesrat weitere Öffnungsschritte, obwohl in unseren Nachbarländern offensichtlich ist, dass Schliessungen keine Lösung sind, da auch in Ländern mit hartem Lockdown die Infektionszahlen wieder ansteigen.
Zum Abschluss der Debatte bilanzierte Finanzminister Maurer, dass das Parlament mit seinen Entscheiden die Vorlage um rund 2 Milliarden auf 12 Milliarden Franken aufgestockt habe. Per Ende Jahr sei mit einem ausserordentlichen Defizit von rund 30 Milliarden Franken zu rechnen, was höher sei als der Schuldabbau der letzten 15 Jahre.
Ich ziehe folgendes Fazit daraus: Die Massnahmen, die wohl notwendigen, aber auch die unsinnigen, fügen der Gesellschaft und der Volkswirtschaft massive Schäden zu. Dafür bezahlen werden die nachfolgenden Generationen, denen die Perspektive und ein Teil ihrer Kindheit genommen und denen ein Rucksack voller Schulden angezogen wird. Währenddem der Bundesrat glaubt, er könne dem Virus ein für alle Mal den Garaus machen, wird die Gelddruckmaschine, die der Bundesrat im Jahr 2020/21 angeworfen hat, noch Generationen belasten.
Dass die Corona-Krise dabei einen Keil zwischen unsere Gesellschaft getrieben hat, stimmt mich nachdenklich. Ich frage mich deshalb oft, was aus den Menschen passiert ist, die sich nicht mehr ihres Verstandes bedienen und welche die sachliche, faktenorientierte Diskussion scheinbar verlernt haben. Angst haben wir doch alle, nur vor verschiedenen Dingen. Die einen vor Krankheit und Tod, die anderen vor dem Verlust ihres Arbeitsplatzes, dem Verlust der Demokratie oder der Einschränkung unserer Freiheitsrechte, wie sie in unserer Verfassung eigentlich garantiert sind. Aber wir sind Menschen! Und das ureigen menschliche ist, dass wir in Beziehungen leben, dass wir den Kontakt zu anderen für unser Leben brauchen. Der Austausch mit anderen ist ein Urbedürfnis und es ist geradezu menschenfeindlich, wenn uns dies verboten wird. Ich bin überzeugt, dass es jetzt angebracht ist, den Pfad der Angst und Katastrophenszenarien zu verlassen. Was Unternehmen aus der Gastronomie, Sport- und Kulturbranche jetzt brauchen, sind Lockerungen im Vertrauen auf die für viel Geld und seriös erarbeiteten Schutzkonzepte. Jeder weitere Tag, an dem die vom Bundesrat angeordneten – und oftmals nicht nachvollziehbaren – Massnahmen aufrechterhalten werden, verursacht immense Kosten und psychische wie auch soziale Schäden.
Längste Debatte der Geschichte
Die Sitzung am Montag der 2. Sessionswoche war als Open-End-Sitzung traktandiert. Um 23.45 Uhr – nach über neun Stunden Beratungen zum Covid-19-Gesetz – hat der Nationalrat auch noch die damit verbundenen Nachtragskredite zum Budget 2021 beraten. Damit hat der Nationalrat alle Rekorde gebrochen. Alles in allem 10 Stunden und 15 Minuten hat der Nationalrat ohne Unterbruch das Covid-19-Gesetz und die notwendigen Nachtragskredite beraten. Über mehr als 50 Minderheitsanträge und rund 25 Einzelanträge hatte der Rat zu entscheiden. Einer dieser Einzelanträge war aus meiner Feder und wollte den grundsätzlichen Zugang aller Medien in der Schweiz zu den Medienkonferenzen von Bundesrat, Bundesamt für Gesundheit und so weiter, wenn es um die Coronathematik geht, ermöglichen. 54 Nationalratsmitglieder waren dafür, 137 dagegen, 4 enthielten sich der Stimme. Der Nationalrat hat diskussionslos überdeutlich gemacht, dass er keinen Handlungsbedarf sieht. Damit bleibt es beim Informations-Einheitsbrei, obwohl – in journalistischer Hinsicht – eine kritische Auseinandersetzung mit der Corona-Thematik das Gebot der Stunde wäre!
Agrarpolitik 2022+
Freude hatte ich, dass nach dem Ständerat auch der Nationalrat die Sistierung der Agrarpolitik 2022+ beschloss. Die Ratsmehrheit verlangte, dass der Bundesrat einen Bericht erstattet über die Selbstversorgung, die Reduktion des administrativen Aufwandes für die Betriebe und die Rahmenbedingungen für möglichst viel unternehmerische Freiheit. Mit diesem Vorgehen wird das Parlament die Beratungen zur künftigen Agrarpolitik voraussichtlich erst wieder im Sommer 2023 aufnehmen. Dieser Marschhalt ist wichtig! Die Agrarpolitik 2022+ hätte für die Bauernfamilien sinkende Einkommen, mehr administrativen Aufwand und einen Verlust von Kulturland bedeutet. Die einheimische produzierende Landwirtschaft wäre zusätzlich unter Druck geraten.
Gegenvorschlag zur Fair-Preis-Initiative
Beinahe im Schatten der Corona-Debatten hat das Parlament den Gegenvorschlag zur Fair-Preis-Initiative gutgeheissen. Für das Initiativkomitee stellen die beschlossenen Gesetzesänderungen ein wirkungsvolles Mittel im Kampf gegen überhöhte Preise in der Schweiz dar. Wenn Unternehmen aus der Schweiz von einer Ware oder Dienstleistung eines bestimmten Anbieters abhängig sind, weil es keine zumutbare Ausweichmöglichkeit gibt, können sie sich nun an die Wettbewerbskommission wenden, falls der Lieferant seine Marktmacht missbräuchlich ausnutzt. Zudem sieht der Gegenvorschlag ein Verbot von Geoblocking vor und ermöglicht faire Preise im Online-Handel. Ob die neuen Regeln die erhofften Preissenkungen bringen, ist aber eine ganz andere Frage.
RUAG-Ammotec
Der Bundesrat möchte den europäischen Marktführer für kleinkalibrige Munition verkaufen und setzt so die sichere Versorgung der Schweiz mit Munition aufs Spiel. Ich war der Ansicht, dass die Fähigkeit der Schweiz, als unabhängiger und neutraler Staat Munition herzustellen, auch weiterhin ein wichtiger Bestandteil der Verteidigungsfähigkeit unseres Landes bleiben soll. Freude hatte ich, weil der Nationalrat meiner Argumentation gefolgt ist und den Verkauf der RUAG Ammotec stoppen möchte. Die grosse Kammer hat dazu eine entsprechende Motion von mir mit 110 zu 79 Stimmen und bei 2 Enthaltungen angenommen.