Sommersession 2021 des Nationalrats – Sessionsrückblick von David Zuberbühler
Im Nationalrat sind vor der Sommerpause die Wogen noch einmal hochgegangen. Die grosse Kammer behandelte während der Sommersession mehrere brisante Dossiers. Neben der allgegenwärtigen Corona-Politik bildete insbesondere die AHV-Reform einen der Schwerpunkte.
AHV-Reform
In der AHV klafft ein grosses Loch. Bis zum Jahr 2030 benötigt die AHV zur Sicherung des Leistungsniveaus und des finanziellen Gleichgewichts rund 26 Milliarden Franken zusätzlich. Eine Reform zur Stabilisierung der AHV ist daher dringend notwendig. Im August 2019 hat der Bundesrat deshalb die Botschaft für die Reform AHV 21 verabschiedet, dies nach der gescheiterten Vorlage AHV 2020, die am 24. September 2017 keine Mehrheit beim Volk gefunden hatte. Das Ziel aktuellen Reform ist es, das Niveau der Renten zu halten und die Finanzierung der AHV bis ins Jahr 2030 zu sichern. Hierfür soll das Rentenalter für Frauen demjenigen der Männer angeglichen werden und die Mehrwertsteuer um 0.4% erhöht werden. Die SVP hat ausserdem erreicht, dass zusätzlich die Bruttoerträge aus Negativzinsen der Schweizerischen Nationalbank neu der AHV zu Gute kommen. Ob es allerdings dazu kommt, ist noch offen, da der Ständerat die Vorlage nochmals als nächster diskutiert.
Aufhebung der «besonderen Lage»
In einer besonderen Lage erhält der Bundesrat die Kompetenz, gewisse Massnahmen selbst anzuordnen, die normalerweise in der Zuständigkeit der Kantone liegen. Das Parlament ist dem Aufruf der Volkspartei, die seit genau einem Jahr geltende «besondere Lage» nach Epidemiengesetz sofort aufzuheben, nicht gefolgt. Dies trotz der Tatsache, dass die älteren und gefährdeten Personen in der Zwischenzeit grossmehrheitlich geimpft sind. Zudem hat sich die epidemiologische Lage im Vergleich zum ersten Quartal 2021 massiv verbessert. Da jeder und jede die Hygiene- und Abstandsregeln zwischenzeitlich verinnerlicht hat, gibt es für mich keinen erkenntlichen Grund mehr, die «besondere Lage» weiterhin aufrecht zu erhalten.
Mehr Landesverweise für kriminelle Ausländer
Der Nationalrat will, dass die vom Volk angenommene Volksinitiative «Für die Ausschaffung krimineller Ausländer» korrekt umgesetzt wird. Dabei sollen kriminelle Ausländer, welche zu weniger als 6 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt werden, ebenfalls ausgeschafft werden können. Auch eine vom Steuerzahler berappte Verteidigung soll dem Delinquenten nicht automatisch zur Verfügung stehen, wenn ein Landesverweis droht. Und die Anwendung der Härtefallklausel, welche es vielen Kriminellen erlaubt in der Schweiz zu bleiben, soll verschärft werden.
Staatliche Medienförderung
National- und Ständerat weiten die «Medienförderung» und somit die staatliche Einflussnahme sowohl im Bereich der Zeitungen als auch neu im Bereich der Online-Medien massiv aus. Die Mitte-Links-Parteien wollen, dass neu auch Online-Medien mit jährlich 30 Millionen Franken gefördert werden. Insgesamt fliessen dadurch 120 Millionen Franken zusätzlich in die Medienförderung. Ein Komitee namens «Nein zu staatlich finanzierten Medien» will dagegen das Referendum ergreifen. Die Gruppe argumentiert zu Recht, dass die neuen Subventionen die Medien vom Staat abhängig machen würden, was das Ende der freien Presse bedeute und die Demokratie gefährde.
Keine Gebühr für die Gotthard-Benützung
Eine SVP-Forderung, dass im Ausland immatrikulierte Autos eine Gebühr für die Benützung des Gotthardtunnels bezahlen sollen, wird vom Nationalrat nicht unterstützt. Obwohl es nicht nachvollziehbar ist, wieso die Schweiz eine der effizientesten Strasseninfrastrukturen zwischen Nord- und Südeuropa Ausländern gratis zur Verfügung stellt, hat nur die SVP die Vorlage unterstützt. Anscheinend ist Linksgrün der Auffassung, dass die Schweizer die Infrastruktur für Ausländer unentgeltlich zur Verfügung stellen müssen. Gleichzeitig wäre Linksgrün bereit gewesen, mittels Umsetzung des CO2-Gesetzes eine Umverteilung in die Wege zu leiten und Schweizer Familien ans Portemonnaie zu gehen.
Staatsrechnung
Das Parlament hat der Staatsrechnung 2020 zugestimmt. Die Rechnung schloss mit einem Rekorddefizit von knapp 16 Milliarden Franken. Die grösste Ausgabenposition verzeichnet mit 10,8 Milliarden Franken die Kurzarbeitsentschädigung. Ohne Ausgaben im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie hätte das Defizit in der ordentlichen Rechnung 1,2 Milliarden Franken betragen. Die in der Staatsrechnung ausgewiesenen Einnahmen belaufen sich für das Jahr 2020 auf 72 Milliarden Schweizer Franken. Demgegenüber stehen Ausgaben von 88 Milliarden Franken. In den letzten 30 Jahren haben sich die Bundesausgaben von 31,6 Milliarden Franken (Stand 1990) somit fast verdreifacht.
Mehr Sold für Armeeangehörige
Der Sold für Militärdienstleistende wurde letztmals 1987 angepasst. Während jegliche Leistungen und Güter in den vergangenen Jahrzehnten teurer wurden, verharrte der Sold eines Soldaten, der im Kriegsfall in letzter Konsequenz sein Leben für unseren Staat hergeben würde, unverändert auf 5 Franken pro Tag. Dies reicht kaum für einen Kaffee oder ein Bier. Und überhaupt: Während unsere Soldaten seit über 30 Jahren auf einen kaufkraftbereinigten Sold verzichten müssen, werden die Beiträge für Sozialhilfeempfänger und anerkannte sowie vorläufig aufgenommene Flüchtlinge gemäss den SKOS-Richtlinien laufend der Teuerung angepasst. Eine Mehrheit des Nationalrates unterstützte deshalb meine Motion, die verlangt, eine Kaufkraftanpassung des Solds in Angriff zu nehmen, um eine erhöhte Wertschätzung gegenüber den Armeeangehörigen zum Ausdruck zu bringen.
Besuch aus dem Appenzellerland
Ganz besonders gefreut hat mich während der letzten Session zudem Besuch aus dem Appenzellerland. Der diesjährige Hundwiler Konfirmandenjahrgang hat unter der Leitung von Pfarrer Bernhard Rothen die Schweiz bereist und dabei einen Zwischenhalt in Bern eingelegt. Der Gedankenaustausch auf dem Bundesplatz war – im Bewusstsein, dass die Gründerväter der Schweiz jeweils in klarem Gottesbewusstsein gehandelt haben – sehr anregend.
David Zuberbühler
Nationalrat AR